Der Stassenstricht an der Langstrasse trotz Verbot allgegenwärtig

Zürich hatte vor, den Strassenstrich einzuschränken. Doch auch heute noch sind Sexarbeiterinnen an beiden Seiten der berühmten Sündenmeile zu finden. Darf das Projekt  als gescheitert bezeichnet werden?

Lustmap Redaktion
2. 1. 2023
   © K. Chernush / Wikimedia

Ein Mann umfasst die Taille einer Frau und zieht sie an sich. Sie flüstert ihm etwas ins Ohr, aber er schüttelt den Kopf. Die Frau verschränkt ihre Arme und der Mann lässt seine Hand sinken, schlägt ihr zweimal auf den Hintern, bevor er sie loslässt und geht.

Die Langstrasse ist bekannt für solche Szenen. Mal ist sie voller Menschen, mal weniger belebt. Aber immer hört man: "Hey Baby, häsch Lust?", "Komm Schatzeli!" Oder es wird einfach gepfiffen. Anmache gehört hier zum Hintergrundgeräusch.

Das Sexgewerbe ist ein festes Element der Langstrasse, obwohl es im Widerspruch zur städtischen Gesetzgebung steht, denn eigentlich ist hier das Anschaffen von Sex verboten.

Flaute in Zürich-Altstetten?

Die Stadt Zürich hat versucht, die Strassenprostitution durch die Einführung von Sexboxen einzudämmen. Diese Boxen wurden 2013 in Altstetten eröffnet und sollten dazu beitragen, den unkontrollierten Strassenstrich am Sihlquai, ein paar Hundert Meter in Richtung Limmat, zu beenden und gleichzeitig die Sicherheit der Sexarbeiterinnen und -arbeiter zu verbessern.

Nadeen Schuster, Sprecherin der Abteilung Soziale Einrichtungen und Betriebe der Stadt Zürich, meint, dass sowohl das Eindämmen des Strassenstrichs als auch die Verbesserung der Sicherheit der Sexarbeiterinnen und -arbeiter durch die Einführung der Sexboxen erreicht wurden. Sie fügt hinzu: "Es hat weder zu Nachwirkungen am Sihlquai noch zu einer Verlagerung geführt."

Laut der Stadt Zürich gibt es drei offizielle Strichzonen: das Niederdorf, die Allmendstrasse und der Depotweg, wo sich auch die Sexboxen befinden. In diesen Zonen ist es Freiern erlaubt, zu festgesetzten Zeiten für Strassenprostitution zu bezahlen. Alles innerhalb des Gesetzes.

Allerdings gehört die Langstrasse nicht zu diesen Zonen. Trotzdem gibt es dort den entsprechenden Service zu jeder Tageszeit. Offiziell dürfen Sexarbeiterinnen und -arbeiter zwar in Kontaktbars, Einzelsalons oder Bordellen anschaffen. Wenn sie dies aber auf der Strasse tun, kann die Polizei eine Busse verhängen. Theoretisch ist das Anschaffen in Gebäuden in der Langstrasse erlaubt, auf der Strasse jedoch verboten. In der Praxis jedoch wird überall und jederzeit anschafft.

Wiedereinführung von Strassenstrichzone gefordert

Die Geschäftsführerin der Beratungsstelle Solidara Zürich ist der Meinung, dass die städtische Strategie der Eindämmung der Strassenprostitution unrealistisch ist: "Die Langstrasse ist eine Verbindung zwischen Ausgang und Erotik. Die Männer gehen nicht von der Langstrasse nach Altstetten und wieder zurück." Das Sexgewerbe lasse sich nicht von der Gesellschaft isolieren: "Das funktioniert nicht, das sieht man ja. Es funktioniert nicht an der Allmendstrasse, es funktioniert bedingt in Altstetten, aber nicht im gewünschten Umfang. Es hat nicht funktioniert, die gesamte Strassenprostitution zu verlegen."

Solidara fordert, Teile der Langstrasse in offizielle Strichzonen zu verwandeln, um die Sexarbeiterinnen und -arbeiter zu entkriminalisieren und die Stadtpolizei zu entlasten: "Die haben ja auch nicht unbegrenzte Ressourcen", sagt Bänninger. Sie findet es zudem "nicht richtig, die Staatskassen mit Bussen aus Kontrollen zu füllen".

Die Polizei bestätigt, dass die vollständige Umsetzung des Verbots nahezu unmöglich ist, weshalb man eine Strategie der "Quartierverträglichkeit" gewählt hat: "Wenn die Strassenprostitution überhandnimmt, verstärkt die Polizei die repressive Verzeigungstätigkeit", sagt Marc Surber, Sprecher der Stadtpolizei Zürich.