Wie die Prostitution in der Schweiz diskriminiert wird

Sexarbeit ist in der Schweiz zwar legal, dennoch stehen viele Betriebe und Sexarbeiterinnen vor erheblichen Hürden: Sie haben oft Schwierigkeiten, Versicherungen abzuschließen und Bankkonten zu eröffnen, was sie trotz ihrer Legalität in eine rechtliche und finanzielle Grauzone drängt.

Lustmap Redaktion
17. 8. 2024
   © B. Cvetanović / Wikimedia Commons
Lukas Hofstetter ist verzweifelt. Der junge Betreiber eines kleinen Erotikstudios in Olten kämpft seit der Übernahme seines Betriebs vor zwei Jahren um Versicherungsschutz und Bankverbindungen. «Wir stehen vor vielen Problemen», erklärt er bei einem Kaffee in seinem Betrieb. «Die Banken verlangen Unterlagen, die in Solothurn nicht mehr ausgestellt werden, oder persönliche Daten von Sexarbeiterinnen, die ich aufgrund des Datenschutzes nicht weitergeben darf.»

Diese Schwierigkeiten führen oft zur Ablehnung von Geschäftsbeziehungen durch Banken. Noch kritischer ist die Lage bei den Versicherungen. «Es gibt in der Schweiz keine Versicherung, die meinen Betrieb abdeckt. Die Versicherung, die uns 37 Jahre lang betreut hat, hat kürzlich den Vertrag aus moralischen Gründen gekündigt.»

Die Versicherung kündigte alle Policen, nachdem Lukas Hofstetter das Studio bei der Übernahme vollständig legalisiert und ordnungsgemäss bei Polizei und Behörden angemeldet hatte. Vor dieser Legalisierung hatte die Versicherung den Betrieb jahrzehntelang versichert.

«Es kann nicht sein, dass man legal arbeitet und dennoch diskriminiert wird, nur weil Sexarbeiterinnen ein- und ausgehen», klagt Hofstetter. Er fordert, dass die Politik aktiv wird, um diese Diskriminierung zu beenden. Es gehe nicht um Moral, sondern um die Anerkennung eines legitimen Berufs.

Auch grosse Bordelle betroffen

Auch Betreiber grosser Bordell-Ketten in der Schweiz berichten von Diskriminierung. Ein Manager, der seit über 30 Jahren mehrere Clubs in verschiedenen Kantonen führt, schildert die Schwierigkeiten mit Versicherungen und Banken.

«Unser Club ist nicht versichert, da keine Versicherung mehr bereit ist, uns zu decken. Vor 25 Jahren war das noch problemlos. Plötzlich hiess es, das sei nicht mehr möglich. Auch eine neue Bankverbindung zu eröffnen ist schwierig, obwohl unser Geschäft legal ist. Wahrscheinlich wollen die Banken ihren guten Ruf nicht gefährden.»

Sexarbeiterinnen sind durch diese Einschränkungen besonders verletzlich. Elvira, die ihr eigenes Geschäft aufgebaut hat, berichtet, dass es nahezu unmöglich ist, ein Bankkonto zu eröffnen, wenn man ehrlich angibt, im Sexgewerbe tätig zu sein.

Auch die Nutzung von Kreditkarten-Abrechnungssystemen stellt ein Problem dar. «Meist sind die Anbieter solcher Zahlungssysteme in den USA ansässig, wo es illegal ist, für Sexarbeit bezahlt zu werden. Bei Terminabmachungen nehme ich eine Anzahlung zur Absicherung. Das funktioniert zum Beispiel über Twint oder Banküberweisung. Wenn jemand mit Kreditkarte zahlen will, muss ich darauf achten, dass meine Tätigkeit nicht entdeckt wird.»

Obwohl Sexarbeit legal ist, müssen viele Sexarbeiterinnen im Verborgenen agieren, was psychisch sehr belastend ist, sagt Elvira.

Letztlich bleibt unklar, warum ein Betrieb, der erotische Dienstleistungen anbietet, nicht gegen Feuer oder Wasser versichert werden kann.

Fakt ist: In der Schweiz gibt es Hunderte von Erotikclubs und Zehntausende von Sexarbeiterinnen. Ihre Dienstleistungen sind legal und sollten daher wie jedes andere Gewerbe auch versicherbar sein.